Graphik: Von Tarvisio zum Karst und zurück
Tarvisio
Tolmezzo
San Daniele
Rupingrande (Triest)
Cividale
Nimis
Tarvisio
Tour-Postkarte (Villa Manin, Prealpi, Val d'Arzino, Ramandolo, Log pod Mangartom, Cividale)
1 - Von Tarvisio nach Tolmezzo (65 km) >>
Die erste Etappe mit Einrollen im Kanaltal, Anstieg zum Sella di Cereschiatis und langer Abfahrt durch das Val d‘Àupa.
2 - Von Tolmezzo durch die Karnischen Alpen nach San Daniele (123 km) >>
Der Monte Zoncolan wird mit knackigen Anstiegen umrundet, dann weiter über Sella Chianzutan und Val d‘Arzino nach San Daniele.
3 - Von San Daniele zum Triestiner Karst (126 km) >>
Überwiegend flache Etappe mit Kulturstopp bei der Villa Manin, in Palmanova, in Redipuglia und schließlich durch die Karsthügel zum Ziel.
4 - Durch den slowenischen Karst und durchs Collio nach Cividale (127 km) >>
Die Etappe beginnt mit sightseeing vom Obelisk hinunter nach Triest, weiter in den slowenischen Karst nach Lipica. Ab Gorizia in die Hügel des Collio und weiter nach Cividale.
5 - Ruhetag in Cividale „Erkundung der Valli di Natisone“ (66 km) >>
Mit einem Anstieg, der seinesgleichen sucht, geht es nach wenigen flachen Kilometern nach Valle. Anschließend Fahrt nach Castelmonte.
6 - Durch die Hügel der Colli Orientali nach Nimis (96 km) >>
Nach dem Besuch einer Grappadestillerie und feinem Mittagessen kommen noch viele Kilometer und Höhenmeter in den Hügeln zwischen Italien und Slowenien.
7 - Finale in den Julischen Alpen (99 km) >>
Das Finale beginnt mit der Fahrt über den Pso di Tanamea, weiter der Soča entlang Richtung Passo Predil mit der Mangart Passstraße als krönendem Abschluss.
Das Team: Günthi, Werner, Hubert, Willi, Jack, Paul, Hubi, Bebbo
Sonntag, 5. September
Nach der Ankunft in Tarvisio gönnten wir uns erst mal ein Tajut (friul. Dialekt) - das erste Glas Wein will getrunken sein. Wir verabschiedeten uns von Erika und Dario vom Hotel Edelhof bis zum nächsten Samstag und verließen Tarvisio gegen Mittag mit Kurs auf das schmucklose Kanaltal. Der Lärm der Bundesstraße und der Autobahn (die Eisenbahn fährt mittlerweile auf einer Strecke von 50 km durch Tunnels) laden nicht zum Verweilen ein. Pontebba war einst Grenzort zwischen Italien und Österreich mit der Fella als Grenze zwischen den gutsituierten Österreichern und den bettelarmen Italienern. Hier ließen wir das Knäuel der Autobahnauf- und -abfahrten hinter uns und nahmen den einzigen nennenswerten Anstieg der Etappe zum Sella Cereschiatis in Angriff. Die Szenerie wechselte komplett, fast menschenleer, nur wenige Autofahrer störten die Ruhe und die wenigen Streusiedlungen scheinen vorwiegend aus Ferienhäusern zu bestehen. Die Abfahrt durch das Val d‘Aupa auf gutem Belag zurück zum Fellatal lud richtig ein zum Tempobolzen, so dass unser Ziel Tolmezzo bald erreicht war. Renzo erwartete uns im Hotel Benvenuto mit Prosecco und einer kleinen Brotzeit und es blieb noch Zeit, das schmucke arkadengesäumte Zentrum von Tolmezzo zu besuchen. Das feine und äußerst üppige Abendessen mit nicht weniger als 6 Gängen und gutem Merlot stand in keinem Verhältnis zur Leistung auf der heutigen Startetappe.
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Montag, 6. September
Von den heftigen, nächtlichen Regenschauern waren nur die Wolken übriggeblieben, die leider die prächtige Kulisse der Karnischen Alpen verhüllten. Trotz aller Befürchtungen, blieben wir den ganzen Tag von Regen verschont. Eine anspruchsvolle Etappe in die Bergwelt der Karnischen Alpen stand bevor. In Tolmezzo, das am gestrigen Spätnachmittag einen recht verlassenen Eindruck erweckte, war an diesem Morgen quirliger Umtrieb. Es war Wochenmarkt, die Innenstadt gesperrt und wir mussten uns auf den Rädern durch die Arkaden schlängeln - die Einheimischen nahmen es mit Gelassenheit hin.
Um der vielbefahrenen Hauptstraße zum Plöckenpass auszuweichen, nahmen wir bis Zuglio die Nebenstrecke westlich des But und wechselten dann auf die Nebenstrecke im „Canal d‘Incaroio“. Dieselbe Strecke hat heuer der Tross des Giro d'Italia auf der Etappe von Mestre zum Monte Zoncolan befahren - viele aufmunternde Parolen auf dem Asphalt gaben noch Kunde davon. Bis Paularo waren ca. 300 Höhenmeter geschafft, dann begann mit dem bis zu 18 % steilen Anstieg zum Passo Duron und weiter zur Forcella di Lius die erste Herausforderung des Tages. Die erste steile Rampe heraus aus Paularo beginnt nach einer Kurve im Ort aus dem Nichts und so steil wie die Steigung begann, endet sie auch. Nach 400 Höhenmetern Abfahrt auf bestem Belag (der Giro war da) begann gleich die zweite Steigung. Der legendäre Monte Zoncolan zeigte sich leider nicht und so gingen wir ohne diesen Anblick in die 20 km lange Abfahrt bis Villa Santina. Der steilere Teil, die Passabfahrt bis Comegliàns war rasend und schnell vorbei, vom nächtlichen Regen noch nasse Bereiche wurden entsprechend vorsichtig genommen. Heftiger Bergwind auf den noch fehlenden 13 km bis Villa Santina demonstrierte dann, dass es auch Situationen gibt, in denen man bergab kräftig in die Pedale treten muss. Wir überquerten den Tagliamento und auf einem Sträßchen, das wir von der Tour 2009 schon kannten, führte die ruhige Nebenstrecke Richtung Verzegnis, hin zum letzten längeren Anstieg des Tages, hinauf zum Sella Chianzutan. Gottverlassen schien hier alles, auch die Bar Sella Chianzutan, in der ein Einkehrschwung vorgesehen war, war geschlossen. Ungemütlich kalt war es auf der Passhöhe, so dass die letzten 40 km nicht den erwarteten Genuss brachten. An wildromantischen Gebirgsbächen entlang, durch enge Täler ging die Abfahrt, doch mit klammen Fingern und kalten Füßen galt die ganze Aufmerksamkeit der nächsten Einkehrmöglichkeit. Als sich die Szenerie änderte, das enge Tal verlassen war und sich der Blick weiten konnte, kam dann schon wieder die Vorfreude auf den Abend in San Daniele mit köstlichem Schinken und Wein.
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Dienstag, 7. September
Regenkleidung war angesagt - den ganzen Morgen regnete es in Strömen und die Berge waren nur zu erahnen. Die Stippvisite in San Daniele fiel daher noch kürzer aus als geplant, doch kaum waren wir unterwegs nach Passariano, dem ersten lohnenden Zwischenziel in der langen, flachen Ebene, ließ der Regen nach und beim Stop an der Villa Manin in Passariano wurde die Regenkleidung wieder verpackt. Die Villa Manin, diesen Landsitz des letzten Dogen von Venedig, hatten wir bereits auf der Tour 2007 bewundert. Napoleon, der hier das Ende der venezianischen Republik besiegelte, bezeichnete die Villa als zu groß für einen Grafen und zu klein für einen König.
Nach weiteren 30 km erreichten wir Palmanova, die von den Venezianern im 16. Jh. in perfekter Geometrie angelegte Festungsstadt wo wir uns im Caffè Hausbrandt einen Spritz gönnten. Nach einem kurzen Stopp in Redipuglia, der unter Mussonlini gebauten, faschistischen Glorifizierung der unmenschlichen Isonzoschlachten des ersten Weltkriegs, und der wider Erwarten schnell durchfahrenen Hafenstadt Monfalcone ging es Richtung Karst. Vorbei an den „Lupi di Toscana“ rollten wir zunächst auf der vielbefahrene Küstenstraße und kurz nach Duino bogen wir ab zum Karstdorf San Pelagio. Dort sind Edi Kante, Benjamin Zidarich, Sandi Skerk und Daniele Lupinc, die Elite der Karstwinzer, beheimatet. Terrano, Vitovska und Malvasia sind deren Hauptprodukte. Die Panoramaterrasse von Benjamin Zidarich hätte sich für einen letzten Zwischenstopp mit Degustazione angeboten, doch bedrohlich schwarze Wolken entluden sich mit heftigem Platzregen. So mussten die letzten Kilometer auf Karststraßen, die fast Bachbetten wurden, zum Ziel in Monrupino/Repen zurückgelegt werden.
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Mittwoch, 8. September
Der Regen hatte aufgehört und pünktlich um 9 war Start zur abwechslungsreichen Etappe mit zwei Slowenienpassagen. Zunächst ein kleiner Abstecher nach Villa Opicina. Dort beginnt die noch aus österreichischer Zeit stammende Trambahnlinie nach Triest. Vom Obelisken aus kann ganz Triest und der Golf überblickt werden. Nach einem Blick ins Val Rosandra von San Lorenzo aus besuchten wir die Lipizzaner in Slowenien. Von Lipica aus rollte es sehr zügig auf welligem Profil mit wenig Verkehr durch die slowenische Karstlandschaft. Vieles ist hier nach westlichem Vorbild herausgeputzt, doch die lange Jugozeit im Ostblock lässt sich nicht verleugnen. Beim Stop an der OMV Tankstelle in Komen, wo wir klären wollten, ob wegen der schwarzen Wolkenwand vorsorglich Regenkleidung angelegt werden sollte, erwies sich als absoluter Glücksgriff. Kaum waren die Räder abgestellt prasselte es schon fürchterlich und wir konnten im Schutz der Tanke eine halbe Stunde pausieren. Mit einem Mittagessen bei Franko, der uns mit reichlich Slivovitz verabschiedete, verließen wir den Karst und für 20 km auch Slowenien. Bald waren die Hügel des Collio, eine der großen italienischen Weingegenden, erreicht. Collio auf der italienischen und Goriska Brda auf der slowenischen Seite bilden ein großes Anbaugebiet, das erstklassige Weißweine hervorbringt. Der bewaldete, menschenleere Höhenrücken Richtung Lig gab trotz vieler Wolken immer wieder Blicke ins Tal der Soča und zum Golf von Triest frei. In Lig führt ein enges, steiles Sträßchen kurvenreich bergab, hinunter zum Bachlauf des Idrio, der die italienisch / slowenische Grenze markiert. Dem Bachlauf entlang, in Pauls Windschatten, ging es in rasender Fahrt heraus aus den Hügeln zurück in die Zivilisation, mit Kurs auf Cividale, dem Etappenziel. Das Abendessen war reserviert im Ristorante "Al Monastero", und das war ein richtiger Volltreffer. Fantastische, friulanische Küche und Weine, sehr freundliches Personal in einem sehr ansprechenden Ambiente. Andrea, der Barista neben unserem Hotel, konnte dieses Niveau mit seinen Grappe, die er uns als Absacker anbot, nicht halten.
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5. Etappe - Ruhetag (66 km, 1210 Hm)
Donnerstag, 9. September
Wir waren bereits auf dem geplanten Weg nach Castelmonte, das von reichlich schwarzen, bedrohlichen Wolken umgeben war, als nach kurzer Beratung umgeplant und der Weg nach Norden gewählt wurde, der Sonne entgegen. Die Einrollphase in der Ebene währte nur kurz bis wir in Campeglio der Beschilderung nach Valle folgten. Die letzten Häuser sind gerade verschwunden, da zieht die Steigung mächtig an und bleibt fast dauernd im zweistelligen %-Bereich. Kaum Kehren, nur wenige Kurven, hinter denen man Zeichen eines baldigen Endes erhofft, doch der Anstieg ist quälend lang bis die Antennen und Häuser von Valle auftauchen. Der Barbotto, gefürchteter steilster Anstieg der Nove Colli von Cesenatico hatte danach jeglichen Schrecken verloren. Der Lohn der Mühen war die Aussicht vom "Balkon des Friaul" und ein Schwedenpils aus dem Begleitfahrzeug. Bei der Abfahrt forderte das an sich schon sanierungsbedürftige Sträßchen höchste Aufmerksamkeit, denn der starke Regen der letzten Tage hatte daraus zudem ein ehemaliges Bachbett gemacht.
Die zu Beginn der Etappe geplante Auffahrt zum Wallfahrtsort Castelmonte, einem der ältesten Heiligtümer der Region Friaul-Julisch Venetien und einer der ältesten Marienwallfahrtsorte stand dann am Nachmittag auf dem Programm. Es ging auch hier hochprozentig zur Sache, aus der Vielfalt der Sträßchen in den Valli di Natisone hatten wir uns nicht die einfachsten ausgesucht. Eine rasante Abfahrt auf bestem Belag brachte uns schnell nach Cividale ins Caffè Longobardo an der Piazza Paolo Diacono - einem Platz, auf dem man sich auf Anhieb wie zuhause fühlt.
Vom Abendessen im Hotel Pomo d'Oro waren alle restlos begeistert - hochfeine friulanische Küche mit Tocai und Cabernet - ein weiterer kulinarischer Hochgenuss.
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Freitag, 10. September
Der vorletzte Tag bestand aus zwei Halbetappen mit dem anspruchsvolleren Teil am Nachmittag. Es ging sehr entspannt Richtung Faedis, und weiter über Ronchis nach Masure di Povoletto zum Sitz der Destilleria Bepi Tosolini, Produktionsstätte des Edelgrappas „Most“. Angela hatte uns bereits erwartet und führte uns duch die Anlage. Der sehr informative Rundgang endete im Keller neben den Fässern voller Edelbrände, die auch verkostet wurden. Gut gelaunt ging es um nächsten entspannten Programmpunkt, der Einkehr in der Osteria Ramandolo. Mit Kastanien und Bänken im Freien, einem Biergarten nicht unähnlich, sitzt man dort mitten in den steilen Weinbergen wo der Verduzzo heranreift, aus dem dann in aufwendigem Verfahren der Ramandolo, ein köstlicher Dessertwein, gekeltert wird. Ein Glas des feinen Ramandolo mit Biscotti nach dem vorzüglichen Essen ist hier oben Pflicht, der auch wir uns nicht entziehen konnten. Doch im Gegensatz zu den meisten anderen Gästen, die hier hochkommen, ging es bei uns weiter nach oben in die Berge. Es war noch nicht einmal die Hälfte der Strecke geschafft und es lagen nur noch Berge vor uns.
Zumeist sehr gute Sträßchen mit minimalem Verkehr durchziehen dieses Grenzgebiet zwischen Italien und Slowenien. In den kleinen Bergdörfern sind die Folgen des Erdbebens von 1976 in Form von neu gebauten Gemeindezentren oder Kirchen leicht auszumachen. Je tiefer wir in die Wälder und Berge vordrangen, desto verlassener erschien alles. Eine fast schon bedrückenden Stimmung, noch unterstützt duch die Düsternis und Kälte im Schatten der Berge am Spätnachmittag. Wäre plötzlich ein Bär aufgetaucht, es wäre allen das Blut in den Adern gefroren, aber wirklich überrascht wären wir nicht gewesen. Wie eine Erlösung tauchte vor Subit die Sonne wieder auf. Die folgende Abfahrt nach Attimis mit den perfekt ausgebauten, nicht enden wollenden Kehren war die Krönung des Tages und zählt zu den schönsten Abfahrten überhaupt.
Vom Abend im Agriturismo bei den Comellis in Nimis kann auch nur in Superlativen berichtet werden. Die Mamma hat hier im Familienbetrieb alles im Griff. Die Küche, der zuvorkommende Service und der Wein vom eigenen Gut lassen nichts zu wünschen übrig.
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Samstag, 11. September
Bei Bei strahlend blauem Himmel begann das Finale mit der Überquerung des Pso Tanamea. Diese ruhige Verbindung mit gemäßigten Steigungen nach Slowenien ins Soča Tal diente auch einem italienischen Langlaufprofi auf Rollen als Trainingsstecke. Wir waren nicht schlecht überrascht, als er sich in der Steigung in unseren Windschatten begab und voll mitging. Die Abfahrt war wieder gut geeignet für Tempobolzer, kurvig, aber übersichtlich mit einer gut ausgebauten Straße. In Žaga begann dann bereits der 35 km lange, letzte Anstieg der Tour. Mit zunächst mäßiger Steigung und stetig zunehmendem Verkehr bis Log pod Mangartom, dann steiler Richtung Pso Predil. Motorradfahrer, vor allem auf Harleys, bevölkerten die Strecke. Am Faaker See war an diesem Wochenende Harley-Treffen, das war unüberseh- und unüberhörbar.
Als krönenden Abschluss packten dann Hubi, Paul und Jack die anspruchsvolle Straße zum höchsten anfahrbaren Punkt der Julischen Alpen, die kurz vor der Predil Passhöhe abzweigt. Es sind zwar noch zusätzlich fast 1000 Höhenmeter auf mitunter steilem Anstieg, doch der erwies sich als nicht so schlimm wie befürchtet. Die 5 unbeleuchteten Tunnels sind schnurgerade und nicht sehr steil, dennoch ist Beleuchtung am Rad zu empfehlen, man will ja nicht von einer Harley übersehen werden. Einige Motorradler haben uns sogar anerkennend mit Daumen nach oben Geste gegrüßt. Oben auf dem Sattel war dann ein toller Rundblick nach Kärnten, Slowenien und Italien zu genießen - aber nur kurz, denn es war kalt da oben und ein scharfer Wind tat sein übriges. Der Rest der Strecke war dann fast geschenkt, denn nur wenige Gegenanstiege verlangsamen die Abfahrt von 2000 Hm auf 700 Hm bis Tarvisio dem Quartier und Ausgangspunkt der Tour.
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Graphiken: Hubert Oefele
Bilder: Edwin & Jack Schmid
Text: Jack